Pfaffenhofen: Keine Ausschreitungen bei islamkritischer Kundgebung zur Moschee-Eröffnung sowie bei der Gegen-Demo gegen Rechts und für Toleranz
"Ort des Gebets, der Bildung und des Friedens" (Bericht zur Eröffnung der Moschee)
(ty) Das Wichtigste vorab: Rund um die Einweihung der Moschee der türkisch-islamischen Gemeinde von Pfaffenhofen in der Hohenwarter Straße ist heute Nachmittag alles friedlich verlaufen. Wie angekündigt, hatte es im Umfeld zeitgleich zu den Feierlichkeiten zwei Demonstrationen gegeben: Eine Protest-Kundgebung der islamkritischen Kleinpartei „Die Freiheit“ und eine Gegen-Demo des Bündnisses „Pfaffenhofen gegen Rechts – Bürger für Toleranz“ unter dem Motto „Pfaffenhofen ist bunt“.
"Menschenkette" auf dem Weg zur Moschee unter dem Motto: "Pfaffenhofen ist bunt."
Eines wurde auf den ersten Blick klar: Die „Pfaffenhofen ist bunt“-Fraktion war in der klaren Mehrheit. Eine lange Menschenkette hatte sich am frühen Nachmittag an der Hohenwarter Straße gebildet, um für Toleranz und ein friedliches Miteinander zu demonstrieren. Etwa 150 Meter entfernt postierten sich die Islam-Kritiker um Michael Stürzenberger, den Bundesvorsitzenden der Kleinpartei „Die Freiheit“. Die mussten – so waren die Auflagen – Abstand halten, um die Eröffnungsfeier der Moschee nicht zu beeinträchtigen. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite des „Die Freiheit“-Pavillons hatten sich wiederum weitere Menschen eingefunden, um direkt gegen Stürzenberger & Co. zu demonstrieren.
Eine Frau mischte sich mit einem islam-kritischen Plakat unter die "Pfaffenhofen ist bunt"-Demo – der Unmut war ihr sicher.
Nach Angaben der Pfaffenhofener Polizei waren es um die 150 Leute, die sich in die Menschenkette an der Moschee einreihten – wobei hier ein Kommen und Gehen zu verzeichnen war. Insgesamt besuchten heute Hunderte von Menschen das Fest und die Feierlichkeiten zur Eröffnung der Moschee und des angeschlossenen Kulturzentrums. Die islamkritische Kundgebung von „Die Freiheit“ zog laut Polizei etwa 15 Sympathisanten an, während sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite etwa 50 Leute gegen die Anschauungen der Kleinpartei wandten und dies unter anderem mit Trillerpfeifen und Sprechchören kundtaten. Bei der islamkritischen Demo durfte eine Lautsprecher-Anlage verwendet werden, die Nutzung eines Megafons war untersagt worden. Außerdem musste zwischen den einzelnen Reden eine Pause gemacht werden; und die Lautstärke musste im Rahmen bleiben.
Links auf dem Grundstück der Pavillon und die Protest-Kundgebung von "Die Freiheit", rechts auf der anderen Straßenseite hatten sich Gegen-Demonstranten versammelt.
Nachdem Stürzenberger & Co. – wie angemeldet – um 16 Uhr anfingen zusammenzupacken und sich auch die Gegendemonstranten auf der anderen Straßenseite auf den Heimweg machten, zog die Polizei ein erstes Fazit. Es sei alles friedlich verlaufen und es habe keinerlei Ausschreitungen gegeben, erklärte Einsatzleiter Ulrich Pöpsel, der Vize-Chef der Pfaffenhofener Inspektion, gegenüber unserer Zeitung. Eine Beleidigungs-Anzeige gab es aufzunehmen. Man habe die Situation „gut unter Kontrolle“ gehabt, so Pöpsel. Es sei gelungen, die gegnerischen Lager auseinanderzuhalten und jegliche Ausschreitungen zu verhindern. Unterstützt wurden die Pfaffenhofener Gesetzeshüter dabei von zwei Zügen der Bereitschaftspolizei.
Gegen-Demo zu der Kundgebung von "Die Freiheit" – direkt auf der anderen Straßenseite.
Nachdem die NPD gestern ihre für heute angedachte Sonnwendfeier in Niederfeld abgesagt hat, hatte die Ingolstädter Bundestagsabgeordnete Eva Bulling-Schröter (Linke) auch die von ihr geplante Gegen-Kundgebung unter dem Motto „Ingolstadt ist bunt“ gestrichen. Sie rief stattdessen dazu auf, sich an der Aktion „Pfaffenhofen ist bunt“ an der Hohenwarter Straße zu beteiligen.
"Die Freiheit"-Bundesvorsitzender Stürzenberger bei einer seiner Reden.
Bulling-Schröter war dann auch selbst vor Ort – ebenso wie zum Beispiel auch der Ingolstädter Stadtrat Henry Okorafor. Auch die beiden Grünen-Landtagsabgeordneten Claudia Stamm und Katharina Schulze waren zur Moschee-Eröffnung gekommen. Die Politiker wollten damit auch ihre Solidarität mit Pfaffenhofens Erstem Bürgermeister Thomas Herker (SPD) und dem Dritten Bürgermeister Roland Dörfler (Grüne) zeigen, nachdem die beiden bekanntlich Morddrohungen erhalten hatten.
Die Polizei hatte alles unter Kontrolle.
Dörfler hatte sich unmissverständlich gegen die islam-kritische Kundgebung positioniert. Stürzenberger, dem Chef der Kleinpartei "Die Freiheit", die zu der Protest-Aktion aufgerufen hatte, attestierte Dörfler im Vorfeld, er habe "keinen IQ, sondern einen AQ – einen Arschquotienten". Daraufhin bekam er zahlreiche böse Mails. Der Inhalt reichte von übelsten Beschimpfungen und Beleidigungen („grüner Kinderficker“) bis hin zu Mord- und Hinrichtungs-Drohungen. „Wir wissen, wo du wohnst“, zitierte Dörfler. Oder: „Wir werden dir auflauern und dich ermorden.“ Herker hatte angesichts der Drohungen gegen seinen Stellvertreter die Bevölkerung zur regen Teilnahme an der Gegen-Demo unter dem Motto „Pfaffenhofen ist bunt“ aufgerufen. Daraufhin wurde auch er mit dem Tode bedroht, nachdem seine E-Mail-Adresse ebenfalls im Internet veröffentlich worden war.
Anspielung auf Dörflers Aussage über Stürzenberger: Links SPD-Kreischef Markus Käser.
„Es freut mich, heute lebendig vor ihnen stehen zu können“, sagte Herker in seiner Rede bei der offiziellen Eröffnungsfeier der Moschee – und bekam spontanen Applaus. Er bezeichnete die neue Moschee als „Schmuckstück für Pfaffenhofen“. Bekir Alboga, Generalsekretär des deutschen Ditib-Dachverbands in Köln, verurteilte in seiner Ansprache jeglichen Missbrauch von Religion zur Rechtfertigung von Gewalt. Kuddusi Uysal, Religions-Attaché des Konsulats, betonte, man missbillige und verachte die Morddrohungen. Und Recep Bal, der Vorsitzende der türkisch-islamischen Gemeinde von Pfaffenhofen, freute sich über die „Pfaffenhofen ist bunt“-Demo und die zahlreichen Teilnehmer. „Pfaffenhofen ist wirklich bunt“, sagte er.
Ausführlicher Artikel zur Eröffnung der Moschee: "Ort des Gebets, der Bildung und des Friedens"
Bisherige Berichte zum Thema:
Ein Fest, zwei Demos, Morddrohungen und Polizeipräsenz
Morddrohungen auch gegen Ersten Bürgermeister